Erklärungsansätze auf der Gruppen- und milieuspezifischen Ebene knüpfen an wichtige Aspekte des individuellen, biografischen Zugangs an. Sogenannte Pull-Faktoren erklären die Attraktivität und Bindungswirkung extremistischer Gruppierungen auf Jugendliche in ihrer Suche nach Anerkennung, Zugehörigkeit, Komplexitätsreduktion und eigener Bedeutsamkeit. Rekrutierungsstrategien spielen hier eine zentrale Rolle. Sowohl salafistisch-dschihadistische als auch rechtsextreme Szenen bieten eine real fassbare und emotional packende Erlebniswelt mit sehr niedrigen Zugangshürden.
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Dabei ist nicht selten zunächst die Gemeinschaft und die Anerkennung, die Einzelne durch die Aufnahme in die Gruppe erfahren, der ausschlaggebende Faktor für die weitere Hinwendung zur Szene. Dieser geht folglich nicht notwendigerweise eine kognitive Radikalisierung „im stillen Kämmerlein“ voraus. Die Radikalisierung geschieht durch die Gruppendynamik, subtile Indoktrinierung, sowie die persönliche Bindung an eine charismatische Autorität, die die Rolle der Einführung in die Gruppe übernimmt. Lokale Opportunitätsstrukturen sind daher von entscheidender Bedeutung: da, wo bereits eine Szene mit Angeboten besteht, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche mit ihr in Berührung kommen und später möglicherweise einsteigen.
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